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Auswahl Schütz-Werke-Verzeichnis



Ihre Auswahl: Schütz-Werke-Verzeichnis 70

Übersetzung

Furcht störet,
doch nichts zerstöret den Trost,
wenn der Wunden rot
Jesu, meines Heilands, ich gedenke.
 
Übersetzung: Gottfried Grote, NSA Bd. 8
Sound

Songauszug

Entstehung

Titelblatt  [Bild vergrößern][Bild vergrößern]

Die 1620er Jahre waren für Heinrich Schütz nicht nur sehr produktive Jahre, sondern auch Jahre geprägt von viel Trauer: der Tod im Freundeskreis und der schwere Verlust durch den Tod seiner Frau Magdalena. Im Jahre 1625 veröffentlichte Schütz sein Opus quartum, die Cantiones sacrae. Die 40 lateinischen Motetten zu vier Stimmen wurden auf Anraten des Verlegers mit einem Bassum generalem versehen.

Als Textquelle diente Schütz im wesentlichen ein schon fast sieben Jahrzehnte bewährtes und daher in vielen Auflagen und an unterschiedlichen Orten erschienenes Gebetbuch des lutherischen Theologen Andreas Musculus (1514 - 1581), Professor und Generalsuperintendent in Frankfurt/Oder. Die erste Auflage dieses Gebetbuches war schon 1553 unter dem Titel Precandi formulae piae et selectae ex veterum ecclesiae sanctorum doctorum scriptis erschienen. Das Gebetbuch bzw. die -sammlung ist vom Autor eher für den Privatgebrauch des Christen gedacht und bestimmt durch seine weite und anhaltende Verbreitung der Sammlung entstand ein Gut religiöser Literatur, was rege gebraucht wurde.

Schütz komponierte seine Cantiones sacrae in den ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges. Um diesem Opus ein größeres Verbreitungs- und Absatzgebiet zu erschließen - Kurfürst Johann Georg I. verfolgte eine Politik der Neutralität - widmete Schütz die Motettensammlung dem Fürsten und Freiherren Hans Ulrich von Eggenberg. Der gerade neu gekürte Chursächsische Hofkapellmeister Schütz lernte den Fürsten im Jahre 1617 kennen bei einem Besuch des Kaisers Matthias in Dresden, in dessen Gefolge Eggenberg reiste.

Analyse

Die 40 Motetten des Cantiones sacrae konzipierte Heinrich Schütz als ein original vierstimmiges Opus. Auf Drängen des Verlegers erweiterte er das Werk und fügte ein fünftes Stimmbuch mit der Generalbass-Stimme hinzu. In seinem „Nachwort“ An den geneigten Leser erklärt und rechtfertigt der Komponist Schütz diesen Schritt.

Die Sammlung, nach Texten aus dem Gebetbuch des Andreas Musculus, gliedert sich in eine fünfteilige, 5 zweiteilige, 5 dreiteilige Stückfolgen und 11 Cantiones auf.

Wie der Komponist bereits in seiner Dedikation bemerkte, habe er einige Cantiones, die er schon früher begonnen hatte, nun endlich vollendet. Weiterhin äußert er, dass dieses Werk freilich seiner Art nach nicht einheitlich [sei] ... und je nach der Entstehungszeit und der Zahl seiner Lebensjahre unterschiedlich ausgefallen ist, denn die Cationes zeigen teils die Alte, teils die neue Singweise. (Krause-Graumnitz, Bd. 1, S. 314)

Die Textwahl unterlag keiner Konzeption, sondern die stark divergierenden Texte stammen aus Psalmen und Hoheliedstrophen, Evangelientexten, Tischgebeten, Andachts- und Gebetstexte aus dem Manuale und den Meditationes Divi Augustini, von Bernhard von Clairvaux und aus dem katholischen Toten-Officium. Auch kompostitionstechnisch wagte Schütz den Spagat und überführte den Madrigalstil ohne Abzug in die Motette, wie Hugo Leichtentritt bereits um die Jahrhundertwende feststellte. (Krause-Graumnitz, Bd. 1, S. 317) Durch die nicht „gleichzeitig“ oder in einem Schwung komponierten Cantiones kann selbst Schütz einen Stilwandel verzeichnen: er bewegt sich von der alten Art der kontrapunktischen Chorpolyphonie über einen Mischstil aus kontrapunktischem Stil und konzertanter Diktion bis hin zu einer neuen Art, dem monodischen Stil, Konzerte für Soli und Continuo. Dieser Wandel vollzog sich selbstverständlich über Zwischenstufen, die auch in der Sammlung zu finden sind.

Rezeption

Kein Inhalt vorhanden.

originale Widmung

ILLISTRISSIMO
ET CELSISSIMO PRINCIPI AC DOMINO,
JOANNI ULRICO,
Principi ac Domino in Crumau & Eggenberg, Comiti in
Adelsberg, Dynastæ in Pettau,
Ernhausen & Stras,
Equiti Velleris aurati, Sacræ Cæs. Majestatis Consilij
secretioris Directori,
& suprema aulæ Cæsareæ Magistro, Provinciarumq;
Styriæ & Croatiæ Præsidi,
Principi ac Domino meo Clementissimo.


POsteaquam ad præclaram illam DEO & hominibus gratam jucundamq; Musicæ scientiam applicavi animum, Princeps Illustrissime ac Celissime, in id maximè curam omnem industriamq; converti, ut studium hac in re meum, laboresque omnes primùm quidem Numinis divini gloriæ cederent; pòst viris etiam Principibus placerent, meâ sane sententiâ non immeritò. Si enim omnis Musica, vel generaliter omnes potius actiones nostræ unicè ad Immortalis DEI celebrandas laudes conferri debent: utiq; & Magnates, quò propius ad DEUM accedunt dignitate, hoc etiam digni magis sunt, quibus venerandis ac demulcendis Musica præter cæteros maximè occupetur: Neq; verò vanam omninò hanc opinionem ess, invictissimorum Imperatorum duorum MATTHIÆ, FERDINANDIq; apud Serenissimum Electorum Saxoniæ, Dominum meum Clementissimum conventu, annis superioribus, ipse sum expertus, ubi aulæ Saxonicæ chorum musicum, me quamvis indigno regente, sensi Principes hosce gloriosissimos, uti & Celsitatem Tuam nostris illis concentibus clementer delectari.

Atq; ex eo quidem tempore, quo Celsitatem Tuam ejusq; plane Heroicas & tanto dignas Principe virtutes, inprimis verò summam erga scientiam Musicæ voluntatem nosse cœpi, ex eo, inquam tempore occasionem subinde optanti quærintantiq; mihi, qua Celsitatis Vestræ in me sæpius ante perspectam Clementiam augerem ac conservarem: peropportunè quasi απο µηχαυης evenit, ut Cantiones quasdam sacras pridem inchoatas absolverem, opusculum genere quidem diverso, ac subinde cum ætate annisq; meis variante, partim namq; veterem partim novam canendi rationem sapiunt. Id igitur ab amicis Musicæq; fautoribus rogatus, ut publicæ luci concederem, impetrari à me passus sum, ut & DEO benignissimo artis hujus autori largitoriq; quod impertijsset referem & Celsitate Tuæ, cujus in me clementiæ haud obscura exstarent testimonia, grati aliquam animi significationem ostenderem.

Quibus de causis Celsitati Tuæ opus hocce musicum humiliter do dedicoq; debita submissione orans, ut cujus præsentis exercitia musica tum Sacræ Cæs. Majestati, tum Sibi quoq; non disciplicere confirmavit, absentis etiam labores nunc clementer suscipiat: DEUS optimus maximus Celsitatem Tuam publico Christiani orbis bono sospitem diutissimè florentemq; dignetur conservare. Dabantur Dresdæ ex Musæo meo Musico Calendis Januarijs, Anno 1625.
Celsitatis Tuæ
humillimus devotissimusq

Heinricus Sagittarius
Serenissimi Saxoniæ Electoris Capellæ Magister.

[in: Erich H. MÜLLER: Heinrich Schütz. Gesammelte Briefe und Schriften, Regensburg o. J. (1930), S. 75 - 77]

übersetzte Widmung

Durchlauchtigster und hochgeborner Fürst!


Nachdem ich meinen Sinn jenen vortrefflichen, Gott und den Menschen wohlgefälligen Kenntnissen der Musik zugewandt hatte, setzte ich meine ganze Sorgfalt und all meinen Fleiß besonders daran, daß meine Beschäftigung mit der Musik und alle Mühen dabei zu allererst dem Ruhme der Allmacht Gottes dienten, sodann - und dies geschah jedenfalls meiner Meinung nach nicht zu Unrecht - aber daran, daß sie auch den Beifall der Herren Fürsten fanden. Wenn nämlich die ganze Musik, oder vielmehr überhaupt alle unsere Handlungen einzig darauf gerichtet sein müssen, den Preis des Unsterblichen Gottes zu verkünden, so verdienen es auch die Mächtigen, je weiter sie ihre Würde in die Nähe Gottes erhebt, desto mehr, daß es sich die Musik angelegen sein läßt, vor allen anderen ihnen Verehrung und Huldigung darzubringen. Daß diese Überzeugung durchaus nicht irrig ist, das habe ich in früheren Jahren selbst erfahren, als ich anläßlich der Begegnung der beiden unbesiegbaren Kaiser Matthias und Ferdinand bei dem durchlauchtigsten Kurfürsten von Sachsen, meinem allergnädigsten Herrn, die Kapelle des sächsischen Hofes - wenngleich wider mein Verdienst - dirigierte und bemerkte, daß diese ruhmreichen Fürsten ebenso wie auch Eure Hoheit gnädig geruhten, an dieser unserer Musik Gefallen zu finden. Und seit der Zeit, da ich begann, Eure Hoheit und ihre eines Helden und so hohen Fürsten wahrhaft würdigen Tugenden, vor allem aber die große Aufgeschlossenheit gegenüber der Wissenschaft von der Musik kennenzulernen, seit dieser Zeit, sage ich, wünschte ich mir immer wieder sehnlich eine günstige Gelegenheit, Euer Hoheit Wohlwollen mir gegenüber, das ich schon öfter zuvor erkannt hatte, zu wahren und zu mehren. Da traf es sich gewissermaßen zufällig und höchst gelegen, daß ich einige Cantiones, die ich schon früher begonnen hatte, vollendete, ein kleines Werk, das freilich seiner Art nach nicht einheitlich ist und wiederholt je nach der Entstehungszeit und der Zahl meiner Lebensjahre unterschiedlich ausgefallen ist, denn die Cantiones zeigen teils die alte, teils die neue Singweise. Ich bin nun von meinen Freunden und von Förderern der Musik darum gebeten worden, es zu veröffentlichen, und habe den Bitten stattgegeben, um sowohl Gott, dem allergütigsten Förderer und Schöpfer dieser Kunst, das, was er mir hatte zuteil werden lassen, darzubringen als auch Euer Hoheit, für deren Wohlwollen mir gegenüber ich beredte Zeugnisse habe, ein Zeichen meiner Dankbarkeit zu geben. Aus diesen Gründen schenke und widme ich dieses musikalische Werk untertänig Euer Hoheit und bitte mir der gebührenden Bescheidenheit, daß Eure Hoheit so, wie einst, als ich zugegen war, der Kaiserlichen Majestät und auch Euer Hoheit selbst meine musikalischen Übungen nicht mißfallen haben, auch nun, da ich in der Ferne bin, mein Werk gnädig aufnehmen möge. Möge es Gott dem Gütigen und Allmächtigen gefallen, Euer Hoheit Glück und Macht zum allgemeinen Nutzen für die christliche Welt allzeit zu erhalten. Gegeben zu Dresden in meinem Musizierzimmer, am 1. Januar 1625 Heinrich Schütz Kapellmeister seiner Durchlaucht des Kurfürsten von Sachsen.

[Heinz KRAUSE-GRAUMNITZ: Heinrich Schütz. Sein Leben im Werk und in den Dokumenten seiner Zeit. 2 Bde., Leipzig 1985, Bd. 1, S. 311-313]

Widmungsträger

Widmungsträger  [Bild vergrößern][Bild vergrößern]

Die lateinische Motettensammlung Cantiones sacrae widmete Heinrich Schütz dem Fürsten Hans Ulrich von Eggenberg, einem der einflussreichsten Männer am kaiserlichen Hof in Wien. Der aus dem protestantischen Hochadel der Steiermark stammende Eggenberg studierte an deutschen Universitäten, speziell wohl in Tübingen; seine Entwicklung und sein Lebenslauf ist erst besser zu verfolgen, seit er am Hofe des Erzherzogs Ferdinand diente. Zweckdienlich für diese Anstellung wird sicherlich seine Konvertierung zum Katholizismus gewesen sein. Der Biograph des Fürsten Eggenberg beschrieb: Es wäre jedenfalls sehr gezwungen und der Wahrheit wenig entsprechend, wollte man diesem Glaubenswechsel des Herrn von Eggenberg ein ideales Motiv unterschieben. Die steile Karriere am Hofe, auch Dank oder durch die Anpassungsfähigkeit, blieb nicht aus. Das Vertrauensverhältnis zum Erzherzog Ferdinand, dem späteren Nachfolger von Kaiser Matthias, war so groß, dass Eggenberg zum wichtigsten und verlässlichsten Mann am Throne von Ferdinand II. avancierte. Er war Director des engeren geheimen Rathes [...] und [...] mit allen Vorgängen auf’s innigste verbunden, welche das Haus Habsburg, seine Länder und das deutsche Reich betrafen. (Krause-Graumnitz, Bd. 1, S. 309).

1617 begegnete Eggenberg erstmals Heinrich Schütz, als er im Gefolge des Kaisers Matthias nach Dresden mitreiste und auch durch wiederholten Kontakt zur musikalischen Tätigkeit des sächsischen Hofkapellmeisters Gefallen an der auffallend intelligenten Musiker-Persönlichkeit gefunden hatte, so Krause-Graumnitz (Bd. 1, S. 309).

originale Vorrede

Vorrede zum Bassus ad Organum-Stimmbuch

BENEVOLO
LECTORI
S.

BIbliopola, opusculum hoc gratius fore ratus, Bassum istum Generalem mihi extorsit, & ut porrò unam atq; alteram cantilenam propriè ad Basin accommodatam in calce adjicerem, ansam præbuit. Vos autem Organicos, qui auribus delicatioribus satisfaciendum judicatis, rogatos volo,ne gravemini voces omnes in Partituram seu Tabulaturam, uti vocant, vestram transcribere. Siquidem in hoc genere Bassum solum pro solido fundamento vobis struere. Vanum atq; inconcinnum mihi visum fuit. Valete,
H. S.

[in: Erich H. MÜLLER: Heinrich Schütz. Gesammelte Briefe und Schriften, Regensburg o. J. (1930), S. 77 - 78]

übersetzte Vorrede

AN DEN GENEIGTEN LESER


Der Verleger hat mir (in dem Glauben, daß das Werk dadurch eine günstigere Aufnahme finden werde) den Generalbaß abgedungen und mir weiterhin die Möglichkeit gegeben, die eine und andere Cantio, die besonders für den Generalbaß geeignet ist, am Ende hinzuzufügen. Euch Organisten jedoch, die ihr es euch nich verdrießen laßt, alle Stimmen in eure sogenannte Partitur oder Tabulatur zu übertragen. Es erschien mir indessen sinnlos und unangebracht, in dieser Art den Bass allein als feste Grundlage für euch aufzusetzen. Lebt wohl. H. S.

[Heinz KRAUSE-GRAUMNITZ: Heinrich Schütz. Sein Leben im Werk und in den Dokumenten seiner Zeit. 2 Bde., Leipzig 1985, Bd. 1, S. 316]

Quellenangaben Sound

Heinrich Schütz: Cantiones sacrae. Complete 40 Motets, Weser-Renaissance, Manfred Cordes, CPO, 1996

Quellenangaben Noten

Heinrich Schütz: Cantiones sacrae. Neue Ausgabe sämtlicher Werke, Bde. 8-9, Gottfried Grote, Kassel, 1960

Heinrich Schütz: Cantiones sacrae. Unveränd. Nachdruck d. Ausg. Sämtlicher Werke von 1885 ff., Breitkopf & Härtel, Philipp Spitta, Leipzig/Wiesbaden, 1970

Quellenangaben Bild

Porträt, Fürst Hans Ulrich von Eggenberg, Kupferstich, Archiv Heinrich-Schütz-Haus Bad Köstritz

Titelbild, Cantiones sacrae, Neue Ausgabe sämtlicher Werke, Bde. 8-9, hrsg.: Gottfried Grote, Kassel 1960, Archiv Heinrich-Schütz-Haus Bad Köstritz

Quellenangaben Literatur

Heinz Krause-Graumnitz, Heinrich Schütz. Sein Leben im Werk und in den Dokumenten seiner Zeit., 2 Bände, Leipzig, 1985

Erich H. Müller, Heinrich Schütz. Gesammelte Briefe und Schriften, Regensburg o. J., 1930

 

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